3. SONNTAG im Jahreskreis
Evangelium nach Markus (1,14-20)
„Die Zeit ist erfüllt...“ Es ist so weit. Die Zeit ist reif. Gott kommt uns entgegen. Eine neue Welt soll entstehen, eine neue Gesellschaft, eine neue Form des Zusammenlebens, in der andere Werte gelten: Nicht mehr „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, nicht mehr „Fressen und gefressen werden“, nicht mehr das Recht des Stärkeren, Eigeninteresse, Egoismus, Egozentrismus. Es soll das Gesetz der Liebe, des Friedens und der Gerechtigkeit unter den Menschen herrschen. Eine neue Welt soll entstehen, die neue Welt Gottes, das Reich Gottes. Das ist das Programm von Jesus, seine Vision. Dafür wird er sein ganzes Leben einsetzen, bis zum bitteren Ende.
Und tatsächlich: Im Leben Jesu, in seinen Worten und Taten verwirklicht sich schon etwas davon, wird das Wirken Gottes deutlich spürbar: Menschen werden heiler, hoffnungsvoller. Sie ändern sich, leben anders. Mit Jesus, mit seinem Wirken unter den Menschen, beginnt eine neue Zeit, eine neue Geschichte von Gott mit den Menschen.
Zuerst hat es danach ausgeschaut, als ob das alles nur schönes Gerede wäre, eine Illusion. Der Tod und die Art und Weise wie man Jesus umgebracht hat schien diesen Traum beendet zu haben. Jesus schien gescheitert zu sein... wäre da nicht für seine Jünger, für seine Freunde, die unvorstellbar neue Erfahrung gekommen: Die Geschichte von Jesus ist nicht zu Ende. Er lebt. Gott hat ihn auferweckt, hat ihm ein neues Leben gegeben und dadurch bezeugt, dass er zu Jesus steht, ihn nicht fallen lässt, dass seine ganze Lebensbotschaft vom Reich Gottes wirklich stimmt.
Die Freunde von Jesus, die Christen, fassen neuen Mut, halten die Botschaft von Jesus über das Reich Gottes, seine Lebensweise, lebendig. Sie versuchen den Lebensstil von Jesus zu übernehmen, für seine Wertigkeiten einzutreten, sie in ihrem Leben zu verwirklichen und andere für diese Vision einer neuen Welt Gottes zu gewinnen. „Denkt um und glaubt an das Reich Gottes“, ruft Jesus.
Was ist daraus im Laufe der Geschichte und auch in unserer Zeit geworden? Hat diese neue Welt Gottes sich durchgesetzt? Oft haben wir das Gefühl: eher im Gegenteil. Das ganze 20. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch Krieg, Massen- und Völkermord, Grausamkeit. Und auch in unserem 21. Jahrhundert, in unserer modernen Gesellschaft, regieren andere Gesetze als diese, die Jesus gepredigt hat - nicht das Gesetz der Liebe. Aber Jesus hat nie behauptet, dass diese neue Welt Gottes sich mit überwältigender Macht durchsetzen wird. Er hat das Reich Gottes eher mit einem kleinen Senfkorn verglichen, das sich trotz allem Augenschein durchsetzt. Es ist klein, winzig, aber hat eine große Kraft, so dass es zu seinem starken Baum wird. Tatsächlich: Hier und dort können wir, ganz bescheiden, Erfahrungen von dieser neuen Welt Gottes in unserem Leben machen.
Aber wir dürfen nicht vergessen: So wie Jesus damals Menschen berufen hat, sich für dieses Reich Gottes einzusetzen, so sind auch wir berufen, in unserer Zeit daran mitzubauen. Wir bilden nicht eine Pfarrgemeinde, nur um unsere privaten religiösen Bedürfnisse zu befriedigen. Wir können nicht die Welt, die ganze Gesellschaft verändern, aber wir können eine Glaubensgemeinschaft bilden, in der andere Umgangsformen untereinander gelten. Wann werden wir endlich verstehen, dass wir - wenn wir Gott immer wieder aufs Neue unseren „Vater“ nennen - wir einander dann auch als Geschwister betrachten und unser Umgang miteinander von geschwisterlicher Liebe geprägt sein soll? Wo das wirklich geschieht, ist das Reich Gottes spürbar da, bilden wir eine Alternativgemeinschaft, eine neue Welt Gottes, die geprägt ist von Frieden, Freude, Verbundenheit und Liebe. „Ändert euer Denken und glaubt an das Reich Gottes“, sagt Jesus, auch zu uns. Dann sind wir seine Mitarbeiter.